Rapha Super Cross 2015

Heute vor zwei Wochen schien die Sonne, es war großartig warm und ich und ich war lose verabredet im Münchener Olympiapark. Rapha hatte sich mit seiner Super Cross-Serie angekündigt und ich lag zwei Freunden in den Ohren, ob man sich die Zeit nicht am Streckenrand während der zwei Masters-Qualifikationsrennen vertreiben könnte. Beide, der eine passionierter Radfahrer, der hauptsächlich auf dem Mountainbike zu Hause ist, der andere Treckingradfahrer, der auf seinem Treckingrad Touren mit für ein Treckingrad beeindruckender Länge absolviert, sagten sofort zu.

Ich hatte ja keine Ahnung vom Cyclocross. Rennräder im Schlamm war die treffendste Charakterisierung, die ich kannte. Ich bezeichne Rennradfahren gern als meinen Lieblingssport mit der Begründung, während der ganzen Fahrt sitzen zu können. Das funktioniert bei Cyclocross meistens nicht: Auch im Olympiapark gab es Passagen, in denen die Fahrer vom Rad springen und es tragen mussten. Dennoch sah das nach sehr viel Spaß aus, was an jenem Samstag passierte. Dies lag einerseits am Publikum, das eine festivalähnliche Stimmung in den Park brachte.

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Zuschauer

Zuschauer

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Entspannte Gäste, überall standen oder lagen hochwerte Räder, Kinder rannten herum und freuten sich über die zahlreichen kleinen Wasserbomben, die dafür gedacht waren, sie jenen Fahrern entgegen zu schleudern, die sich für die Abkürzung der Strecke entschieden. Wir standen neben der Abkürzung, die ein oder andere Wasserbombe traf uns, doch das Wasser trocknete schnell in der Sonne.

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Dies ist übrigens eine allgemeine Regel: Wer die Abkürzung nimmt, muss eine Strafe akzeptieren. Letztes Jahr wurde Schnaps getrunken, dieses Jahr musste man damit rechnen, nass zu werden. Dies unterstreicht den Charakter der Veranstaltung. Verbissene Ötzi-Finisher suchte man an diesem Samstag vergebens. Stattdessen sahen die Fahrer aus,  wie Cyclocrosser nun einmal aussehen, wenn sie an einer von Rapha ausgerichteten Veranstaltung teilnahmen: Gut.

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Jump

Jump

Auf die Technik habe ich gar nicht sehr geachtet. Ich weiß nicht, welche Marken in diesem Bereich die Platzhirsche sind. Die Arbeitskollegin von einer meiner Begleitungen hatte ihr Focus Mares mitgebracht, ihr Freund sich nach einem Platten bei seinem eigenen Rad auf diesem für das Finale am Sonntag qualifiziert. Das Focus Mares kannte ich bereits, weil seit einigen Jahren von diesem Modell auch eine Rapha-Edition existiert. Aktuelle Modelle standen im Ausstellungsbereich herum, Preisschilder waren (glücklicherweise) nicht angebracht. Ich muss jedoch sagen, dass mir das Mares extrem gut gefällt. Und manchmal findet man solche alten Schätze bei eBay.

Vielleicht fahre ich nächstes Jahr auch einmal dort. Bis dahin muss ich absteigen üben, das Rad tragen und Sandpassagen durchqueren; Ein schönes neues Hobby für den Winter. Wer kommt mit mir an die Isar?

Kettenfänger

Kettenfänger. Da steht man also mit seinem Carbonrennrad, freut sich der klaren Linien und hat irgendwie im Kopf, dass man auf das Gewicht achten sollte: Bergauf macht sich ein leichtes Rennrad nun einmal besser als ein schwerfälliges Rad; und so hat man über die Monate den Sattel durch einen leichten ersetzt, der Lenker musste einer wesentlich teureren und unwesentlich leichteren Lenker-Vorbau-Kombination aus Carbon weichen und irgendwann hat man sich sogar neue Laufräder gekauft (was bei mir jedoch auch andere Gründe als das Gewicht hatte – aber wo wir schon dabei sind…)

Das jedenfalls ist die Entwicklung der Denkweise, wie sie bei mir stattgefunden hat. So genau weiß ich gar nicht, wann ich zum ersten Mal an einen Kettenfänger gedacht habe – es liegt schon lange zurück. Ich weiß aber, warum ich darauf gekommen bin: Mir ist vielleicht ein, zwei Mal die Kette beim Herunterschalten vom kleinen Kettenblatt gefallen und hat über das Tretlager geschliffen. Ich bin mir relativ sicher, dass dieses Tretlager nicht so aussieht, weil mir ein, zwei Mal die Kette abgefallen ist. Der Vorbesitzer hatte eine Dreifachkurbel montiert (diese Kurbel habe ich noch vor der ersten Fahrt demontiert) – dass Ketten bei Dreifachkurbeln häufiger abspringen, habe ich erst letztens wieder bei jemandem gelesen, der länger Rennrad fährt und das mutmaßlich genauer weiß. Es gibt dieses Gerücht, dass Dreifachkurbeln vornehmlich von älteren Herren gefahren werden. Vielleicht hatte der Vorbesitzer also einfach schlechte Augen, als er den vorderen Umwerfer eingestellt hat. Der Schaden ist passiert und es sieht furchtbar hässlich aus:

Schaden am Tretlager

Bei Rahmen aus Stahl und Aluminium ist ein solcher Schaden nur ärgerlich, Rahmen aus Carbon können ernsthaften Schaden nehmen. Doch nachdem ich dieses Rad über den ein oder anderen Pass gefahren und stets heil unten angekommen bin, gehe ich davon aus, dass die Abnutzung an der unteren Kettenstrebe rein kosmetischer Natur ist und die Investition kein herausgeworfenes Geld ist: Ich kann nun endlich einen Kettenfänger montieren.

Was mich überraschte ist, dass im Umfeld des Profipelotons, in dem elektronische Schaltungen, die selbstjustierend sind und daher dem Problem des Abwerfens der Kette entgegenarbeiten, Kettenfänger dennoch eingesetzt werden. Natürlich haben die Profis nicht das Gewichtsproblem, beziehungsweise haben sie es in die andere Richtung: Ihre Räder sind standardmäßig zu leicht, daher findet man an den Rennrädern, die beim Giro, der Tour und der Vuelta gefahren werden, vergleichsweise schwere Komponenten wie Watt-Messgeräte oder eben Kettenfänger, um auf die von der UCI vorgeschriebenen 6,8 Kilogramm zu kommen.

Ich habe keine umfassende Marktforschung betrieben, sondern bin recht zügig durch die üblichen Verdächtigen Marken gegangen: Campagnolo hat einen Kettenfänger im Angebot, der allein deswegen toll ist, weil er von Campagnolo ist und aufgrund der Markenreinheit am Rennrad einen Pluspunkt hat. K-Edge baut hervorragende Halterungen für Garmin-Geräte und auch diese Firma hat einen Kettenfänger im Angebot. (Gerade an den beiden Carbon-Rädern, um die es geht, habe ich aber ausgerechnet keine Halterungen von K-Edge.) Irgendwann habe ich in einem Video das Rad von Pierre Rolland gesehen, ein Colnago C60 mit Campagnolo Super Record EPS. Genau das, wovon ich als kleiner Junge träume. Montiert war ein Kettenfänger von Aivee, einer französischen Firma, die auf der Produktseite dieses Kettenfängers schreibt, dass er in Zusammenarbeit mit dem Team Europcar (für das Rolland fährt) entwickelt worden sei. Ich habe noch kein C60 und noch keine Super Record EPS. Aber mit irgendeinem Teil des Rades muss man ja anfangen…

Aivee CCR2

Stellt sich raus, dass der Kauf dieser Kettenfänger gar nicht so einfach ist. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass die Saison nun zu Ende geht und die Lager leer sind, aber dass bei den beiden Shops, in denen ich den Kettenfänger gefunden habe, nun »Ausverkauft« steht, liegt an meiner Bestellung. Entschuldigung. (Sollte jemand Interesse an einem solchen Umwerfer haben, kann ich mich gerne bemühen, weitere zu bekommen.)

Aivee CCR2

Ich hätte tatsächliche eine größere Anzahl bestellt, wenn diese denn lieferbar gewesen wäre, um auch die anderen Räder mit Kettenfängern auszustatten. Bei Metallrahmen mag vielleicht die Beschädigung potentiell nicht so gravierend sein, eine abgeworfene Kette ist jedoch immer ärgerlich und kann im innerstädtischen Verkehr durchaus zu Hektik führen.

Die beiden Fänger, die ich nun habe, lagen bereits seit einer Woche auf dem Schreibtisch, aber gestern erst habe ich die Zeit gefunden, sie zu montieren. Das ist relativ einfach und man braucht nur Inbus-Schlüssel dafür: Umwerfer abmontieren, die Originalschraube einlagern und den Kettenfänger zusammen mit der mitgelieferten längeren Schraube zusammen mit dem Umwerfer wieder montieren. Die Feineinstellung des Umwerfers braucht dann die meiste Zeit, für die Justierung des Kettenfängers gibt es diese kleine rote Schraube, die ihr auf den Fotos noch sehr und die mit einem Winz-Inbusschlüssel erlaubt, den Arm des Kettenfängers hinreichend nah und genau an die Kette zu bringen. Auch wenn das mit der Justierung prinzipiell auch ohne die kleine Schraube gut funktioniert, solltet ihr diese nachher bis zur gewünschten Einstellung herein drehen, da sie verhindert, dass sich der Kettenfänger verstellt, wenn die Kette gegen ihn drückt, die Schraube sieht man dann nicht mehr.

Montierter Kettenfänger

Gefahren bin ich noch keines der Räder, seit ich die Kettenfänger montierte. Wenn ich rausschaue, sehe ich Regen, heute und morgen werde ich also auch nicht darauf fahren. Im Idealfall merke ich vom dem neuen Teil nichts: Im Idealfall wird die Kette nicht abspringen. Im Idealfall schreibe ich also keinen Artikel, in dem ich erzähle, was alles nicht funktioniert und warum.

Geht davon aus, dass alles wunderbar ist, wenn ihr diesbezüglich von mir nichts mehr hört. Denn: Im Idealfall vergesse ich, einen Kettenfänger zu haben.

Warum denn das?

Am Sonntag ist die Vuelta a España zu Ende gegangen, Lousy Legs hat geschlossen, es fängt an, regelmäßig zu regnen: Die Saison ist beinahe vorbei.

Und jetzt fange ich an, über das Radfahren zu schreiben?
Was ist denn das für ein Timing?

Ich habe ein bisschen die Sorge, die Leser meines privaten Blogs zu sehr mit Radkram zu konfrontieren, obwohl sie sich dafür gar nicht interessieren. Das ergibt ein unglückliches Spannungsfeld, denn ich denke mir hin und wieder, dass ich einzelne Sachen jetzt nicht im Blog ausbreiten will, weil ich glaube, dass sie zu wenige Menschen dort drüben interessieren. Andererseits denke ich viel über Fahrräder nach, sitze hin und wieder drauf und schraube ganz gern. Ich könnte also durchaus häufiger darüber schreiben.

Rennen sind jedoch etwas außen vor: Ich fahre sie nicht, Rennberichte werden Mangelware sein. Ich bin vielleicht das, was man (im positiven Sinne) einen Tortenradler nennt: Ich fahre Berge hinauf, um einen Kaffee zu trinken und einen Kuchen zu essen. Ich breche vielleicht keine Rekorde, aber ich habe die meiste Zeit Spaß auf dem Rad. Das Rennrad ist für mich mehr als ein Sportgerät: Es ist etwas, das gepflegt werden will, das repariert werden muss. Und das man um- und aufrüsten kann. Was früher Computer waren (,,Dieser Adaptec SCSI-Controller muss sein“, ,,Ich habe da diesen Traum von diesem Hardware-RAID-Controller mit Battery-Backup-Unit“, …) ist wohl jetzt das Fahrrad für mich. Das Basteln am Computer ist verhältnismäßig langweilig geworden, weil ich nur noch Laptops verwende und sich die Upgrademöglichkeiten dort auf das Auswechseln der RAM-Bausteine und bestenfalls der Festplatte/SSD beschränken. Aber bei einem Fahrrad hat man noch mehrere Möglichkeiten: ,,Diese Vorbau-Lenker-Kombination von FSA“, ,,dieser Sattel“, ,,habe ich von dem einen Kettenfänger erzählt“? Und dann gibt es ja noch Trainingsgeräte wie Rollen, es gibt Kleidung: Es gibt eine ganze Menge.

Ich fange in diesem Herbst an, darüber zu schreiben. Im Sommer war ich zu beschäftigt dafür. Aber jetzt im Herbst wird alles besser. Außerdem ruht da noch das Winterprojekt im Keller…

Im Herbst